BETTINA BORMANN (Frontfrau von Oberer Totpunkt) – Imago
Genre: Hörbuch & Buch
Die 35-jährige Sabrina Rohmer lebt eine aufrichtige, eine wahre Liebe. Objektiv betrachtet hat dieses Glück allerdings zwei Schönheitsfehler: Erstens, ihr Geliebter ist ihr Vater, und zweitens, der ist seit achtzehn Jahren tot.
Sabrina, die ihren Lebensunterhalt als Taxifahrerin bestreitet, hat keine Beziehung zu sich selbst und kann auch keine Beziehung zu anderen Menschen eingehen. Ihre vitalen Kräfte erstickt sie mit Selbstbestrafungsritualen, die ihr Schuldgefühl zum Schweigen bringen sollen; denn den Umstand, dass ihr Vater, Bernhard Rohmer, vor achtzehn Jahren die Familie verließ – angeblich wegen einer anderen Frau, so erklärt es jedenfalls ihre Mutter –, schreibt Sabrina sich und ihrem Verhalten zu: Sie deutet das zufällige Aufeinandertreffen von drei einschneidenden Ereignissen als kausal zusammenhängend: Kurz vor seinem Verschwinden überraschte ihr Vater sie bei ihrer ersten sexuellen Begegnung mit einem Jungen, was Vater und Tochter voneinander entfremdete. Bald nach diesem Ereignis plagten sie heftige Unterleibsschmerzen.
Der ambulante Eingriff ihrer Ärztin brachte ein Zellknäuel mit ausgebildeten Haaren und Fingernägelnzutage: Es handelte sich um das Phänomen Foetus in Foetu, was bedeutet, dass von zwei befruchteten Eizellen sich eine die andere einverleibt – für Sabrina ein Schock, denn sie wurde schon im Mutterleib zur Mörderin ihres Zwillings, so jedenfalls interpretiert sie es. Und dann verschwand ihr Vater. Sabrinas Leben beschränkt sich auf ihre Arbeit und auf die Erfüllung ihrer Pflicht als Tochter. Sie ist die Lebensader für ihre Mutter, Elisabeth Rohmer, die sich seit achtzehn Jahren weigert, aus dem Haus zu gehen. Als ihre Mutter stirbt, zieht Sabrina in deren Eigentumswohnung und entdeckt die mumifizierte Leiche ihres Vaters, die ihre Mutter all die Jahre versteckt hat. Diese Entdeckung verändert für Sabrina alles, denn: er hat sie nicht verlassen! Die Leiche weist eine Schädelverletzung auf, aus der Sabrina schließt, dass ihre Mutter den Vater erschlagen hat. Die Leiche wurde nie vermisst: Sabrinas Mutter behauptete, er sei zu seiner Geliebten in eine andere Stadt gezogen, und der Geliebten wiederum sagte sie, ihr Mann sei zu seiner Familie zurückgekehrt. Sabrina ist glücklich über ihre Entdeckung und lebt fortan mit ihrem toten Vater. Sie blüht auf und verhält sich wie ein verliebter Backfisch.
Doch dann taucht ihre Halbschwester auf, von der Sabrina nichts wusste, und fordert ihren Platz im Familienkreis. Ihr Interesse an der Vergangenheit weckt auch Sabrinas Neugier. Im Gespräch mit alten Bekannten wird das positive Bild, das sie von ihrem Vater hat, immer wieder erschüttert – sie stellen ihn dar als egoistischen, eitlen und gewissenlosen Menschen, der Frauen nur benutzt hatte. Aber diese Sicht der Dinge kann sie nicht zulassen, das würde ihre gesamte Lebenskonstruktion zerstören. Schließlich führen ihre Nachforschungen sie zu der Person, die zur Aufklärung beitragen kann: ihrem Nachbarn, Karl Worbes. Sie erfährt nicht nur, dass ihre Mutter einen Geliebten hatte, und dass ihr Vater im Kampf mit ihm und ihrer Mutter zu Tode kam, sondern auch, dass Worbes ihre Mutter erpresst hat. Das versucht er nun auch bei Sabrina. Die Nachbarschaft im Haus bildet einen eigenen Mikrokosmos, in dem auch Gesine Weidkamp, die halb blinde ehemalige Biologielehrerin, ihre Ziele verfolgt: Karl Worbes wird langsam und unauffällig mit dem Gift der Engelstrompete, Brugmansia, getötet, ein Plan, den sie gemeinsam mit Sabrinas verstorbener Mutter gefasst hat. Gesine Weidkamp versteht sich als eine Art gerechte Rächerin, denn sie musste als Kind erleben, dass sich ihre geliebte Schwester umbrachte, nachdem sie von einem Familienmitglied vergewaltigt worden war. Auf ihr Konto geht eine ganze Reihe von verstorbenen Männern.
Die späte Freundschaft zu Gesine Weidkamp eröffnet Sabrina die Lösung für ihre Probleme – sie vergiftet die, die ihre traute Zweisamkeit stören.
Denn: Diese Liebe ist nicht teilbar. Und sie ist für immer und ewig.