Pool Of Darkness 4.0

Marcel

 

Pool of Darkness Festival 4.0, 19.08.2017, Freibad Kirchheilingen

 

Etwas mehr als 300 Besucher trafen sich im Freibad in Kirchheilingen, um mit acht Electro-Bands, unter anderem Frozen Plasma und Absurd Minds, beim Pool of Darkness-Festival ausgelassen zu feiern. Auch das Wetter spielte gut mit, obwohl es pünktlich zum Wochenende zunächst einen Temperatursturz gegeben hatte.

Auf den ersten Blick scheint es in der Tat ein ungewöhnlicher Ort für ein Festival zu sein – das Freibad in dem thüringischen 800 Einwohner-Ort Kirchheilingen. Bei genauerer Betrachtung stellte sich die Location aber als idealer Veranstaltungsort für ein familiäres Festival ganz nach dem Motto "Festival – Baden – Party – Zelten" heraus. Man konnte direkt auf der Wiese im Freibad sein Zelt aufstellen und war so immer nah am Geschehen. Einige nutzten die Gelegenheit, Live-Musik mit einem Familienausflug zu verbinden.

Nach dem Einlass um 14 Uhr waren die Vorbereitungen auf dem Gelände schon voll im Gange.
Die mobile Anhänger-Bühne stand schon, das VIP-Zelt dahinter war gerade noch im Aufbau. Neben dem Info-Stand von "Gothic gegen Mißbrauch und Gewalt" gab es verschiedene Buden, die das Publikum später mit Laugenbrezen und -stangen in verschiedenen Variationen bzw. Röstklößen mit Gulasch und Anderem, von herzhaft bis süß, versorgten. Selbstverständlich gab es auch original Thüringer Bratwürste vom Grill und Pommes. Ein Merchandise-Stand, an dem man sich mit CDs, Band-Shirts und sonstigen Fan-Artikeln eindecken konnte, durfte natürlich auch nicht fehlen. Das Schwimmbecken im Freibad wurde aufgrund der gefallenen Temperaturen nur verhalten genutzt, obwohl fast durchgehend die Sonne schien.

System Noire Da sich der Soundcheck doch etwas länger hinzog, war bald absehbar, dass ein Beginn pünktlich um 16:00 Uhr nicht zu schaffen sein würde; dies schien aber niemanden zu stören – ändern lässt es sich ohnehin nicht – und so verweilten die schon anwesenden Besucher eben länger auf Decken oder Bänken in der Sonne oder unterhielten sich mit Freunden und den Mitgliedern der beteiligten Bands.

Knapp eine halbe Stunde später als geplant starteten die Hannoveraner von System Noire. Die Dark Electro-Band von Sänger Björn Miethe und Keyboarder Daniel Gosewisch existiert seit 2012. Sofort waren die ersten Fans zur Stelle und tanzten vor der Bühne mit. Nach "I Believe" und dem Icon of Coil-Cover "Dead Enough For Life" kam Martin von SynthAttack mit auf die Bühne, um ihren gemeinsamen Song "Awake" zu perfomen. Nach einer Ballade und einem wieder flotteren Stück gab es zum Abschluss ihren wohl bekanntesten Song "The Other Side" zu hören, der für die Studio-Version von Gastsänger Henrik Iversen (NamNamBulu) eingesungen wurde; aber der Frontmann mit den grünen Haarspitzen bewies, dass er das Stück auch selbst hervorragend interpretieren kann.

SynthAttack Im Anschluss ging es fast nahtlos weiter mit SynthAttack. Die Dark Electro-Band von Martin Schindler, ebenfalls aus Hannover, begann passend mit dem Opener-Song "Soundcheck" vom 2015er Album "To The Floor". Der düster geschminkte Sänger setzt voll auf verzerrten Gesang. Seine Kollegin Nicole – sie bedient erst seit zwei Monaten in der Band die Tasten – blieb an diesem Tag die einzige Frau auf der Bühne! Sie spielten eine halbe Stunde lang unter anderem ihre geniale, düstere Faithless-Coverversion von "Insomnia", sowie "Sound Of The Dark", "Feed My Rage", "One Love, One Pain" und einige neue Songs wie "Life Is A Bitch". Das Publikum feierte begeistert.

Nach einer weiteren Umbauphase und einer herzlichen Ansage und Begrüßung durch den Veranstalter Tom Wüst und seinem Co-Organisator André (dem örtlichen Schwimmmeister, zumindest bis letztes Jahr) war klar, dass der Zeitplan völlig aus den Fugen geraten war. Aber das machte nichts, man wollte ohnehin nirgendwo anders mehr hingehen; das Gelände war auch übersichtlich genug, so dass man schnell wieder vor der Bühne sein konnte, wenn die ersten Töne der nächsten Band erklangen. Also ließ man sich einfach vom Ablauf treiben, statt sich nach einem Plan zu richten.

Als nächstes durfte die Brigade Enzephalon vor einem euphorischen Publikum zeigen, was sie draufhat. Nach der Ansage von Sänger Kim Hoffmann war schnell klar, was man hier zu erwarten hatte: Deutschsprachigen, kraftvollen EBM. Brigadegeneral Kim und seine beiden Oberstleutnants Tom Winters und Denny Scheffler spielten routiniert ihr Set, wobei Kim es hervorragend verstand, das Publikum zu motivieren und mit einzubeziehen. Ihre militärische Bühnendekoration und Outfits rundeten die Show ab. Kim erwähnte, dass dies erst der zweite Auftritt der Brigade ist – jedenfalls in dieser Form, sind doch zumindest Kim und Tom auch in anderen Electro-Bands aktiv (DenCTBug, Chrom). Sie spielten unter anderem "Maschinentraum", "Ikarus" und ihren Protestsong gegen den Walfang auf den Färöern, "Roter Sand". Als besonderes Geschenk an die Fans konnte man sich am Merchandise-Stand nach der Show die kostenlose Promo-CD mit sechs Songs abholen, denn eine offizielle Veröffentlichung der Formation steht noch aus. Zum Abschluss gab es die Live-Premiere von "Ein letztes Mal".

Zu The Saint Paul um kurz vor sieben lichtete es sich im Bereich vor der Bühne wieder etwas – das ausgepowerte Publikum musste sich wohl jetzt erst mal erholen und stärken. Schade, denn auch Paul, Robin und Marc spielten eine überzeugende Auswahl härteren Electro-Pop. Frontmann Paul konnte sich leider nicht so austoben, wie er wollte – "ich hab Rücken" – und man hat ihm angesehen, dass ihm diese Bewegungseinschränkung zu schaffen macht. Dennoch gab er alles, was möglich war. Sie trugen Songs wie "White Unicorn", "Neon Light" oder "But He Will" vor. Die Band aus dem Ruhrgebiet, die schon seit sieben Jahren auf den Szene-Bühnen unterwegs ist, ließ sich auch durch einen Programm-Absturz mitten im Song "City Of Glass" nicht aus der Ruhe bringen – Paul: "Wir machen dann einfach an derselben Stelle weiter…". Mit dem Song "Rise And Fall" endete der Auftritt.

In Good Faith Die Electro-Band In Good Faith stach schon durch das äußere Erscheinungsbild von Frontmann Kai "Iggi" Németh heraus, denn er war der einzige Musiker auf dem ganzen Festival, der sich in bunter (statt wie sonst üblich schwarzer) Kleidung auf die Bühne traute. Wegen diverser Schwierigkeiten mit der Technik musste noch mal ein Soundcheck stattfinden, aber die zahlrei
ch anwesenden Fans nutzten die Zeit, um vor der Bühne schon mal Party zu machen und mitzutanzen. Es war kaum zu merken, dass hier eigentlich noch der Soundcheck lief. Um kurz nach acht konnten die Niedersachsen endlich richtig starten und Energiebündel Iggi lief zur Höchstform auf; spätestens zum zweiten Song "United" tobte die Menge vor Begeisterung. Vor der Bühne befanden sich inzwischen ca. 70 Leute und die Stimmung war ausgelassen. Der temperamentvolle Sänger und seine Jungs Jörg Allenbach, Frank Michael Speer und Hendrik Strehl spielten unter anderem "I’ve Lost Control" vom kommenden Album "Trinity" und die letzte Single "Explore". Auch das Depeche Mode-Cover "Stripped", das Iggi mit seiner klaren, druckvollen Stimme sang, kam bei den Zuschauern gut an. Der Höhepunkt ihrer Show war aber ihr bekanntester Song "Shadows", und obwohl Iggi, die Rampensau des Tages, den Text der ersten Strophe vergessen hatte, – "Helft mir doch mal!" – hatten alle ihren Spaß.

Intent:Outtake Bei Intent:Outtake ging die Party ununterbrochen weiter. Die Leipziger haben bereits eine breite Fanbase, die lautstark auf sich aufmerksam machte; der Fanclub überraschte die Dark Electro-Band zusätzlich mit einem riesigen Banner vor der Bühne. Der düster-martialisch geschminkte Sänger Bastian Polak freute sich über die Begeisterung der Zuschauer und zusammen mit seinem Kollegen Andreas Engleitner spielte er z.B. "Before I Go", "Im Namen des Herrn" und "Evolution". Zur traurigen Ballade "Der Letzte Tanz" packten die gut vorbereiteten Fans jede Menge Wunderkerzen aus und boten kurz nach Sonnenuntergang einen herrlich stimmungsvollen Anblick – so etwas ist selten geworden zu Handy-Zeiten. Der Preis für die besten Fans ging an diesem Abend eindeutig an Intent:Outtake! Um die Stimmung nach dem melancholischen Stück wieder anzuheizen, gab es als nächstes die wummernde Single "Eclipse" zu hören, was die Party sofort wieder auf Hochtouren brachte. Nach "Seek And Destroy" und "Neustart" war ihre Show um 22 Uhr vorbei.

Rund eine Stunde später als ursprünglich geplant – gegen 22:20 Uhr – betraten die vier Dresdener von den Absurd Minds die Bühne. Die Alternative-Electro-Formation um Frontmann Stefan Großmann, die schon seit 1995 aktiv ist, spielte eine gesunde Mischung aus alten und neuen Stücken wie z.B. "Time Travel", "Kreuzfeuer" und "Design Or Coincidence" vom aktuellen Album "Tempus Fugit" sowie ältere Songs wie "A Man Received The Answer", "I’m Dying Alone" oder "Descent". Keyboarder und zweiter Sänger Nick blieb zunächst ruhig hinter seinem Instrument stehen, um dann aber nach und nach immer mehr aufzutauen und später ebenfalls temperamentvoll auf der Bühne herumzuspringen. Die Ballade "Guardian" sang er dann komplett alleine mit der musikalischen Unterstützung seiner Bandkollegen Tilo Ladwig und Timo Fischer, während sich Stefan hinter die Bühne zurückzog. Zu "Interconnectedness" vom 2010er Album "Serve or Suffer" forderte Stefan die Zuschauer auf, alles rauszuholen was leuchtet – Taschenlampen, Leuchtstäbe usw., was diese auch gerne taten. Wunderkerzen waren leider keine mehr übrig. Der leichte, während des Konzerts einsetzende Regen tat der Stimmung keinen Abbruch, und so schnell wie es anfing, hörte es auch schon wieder auf. Beharrliche Rufe nach Zugaben wurden erhört und so gab es noch zwei Songs, die von Stefan und Nick gemeinsam vorgetragen wurden. Das letzte Stück war ihre erste Single von 1999, der Klassiker "Brainwash".

Nach dieser fulminanten Show kamen die Organisatoren Tom und André noch einmal auf die Bühne, um eine weitere Ansage zu machen. Sie bedankten sich bei allen Besuchern und Bands für das tolle Fest, und erwähnten insbesondere auch die Band Enter and Fall, der sie für die vergangenen Jahre sehr viel zu verdanken haben. Dann erzählten sie noch etwas zur Entstehungsgeschichte und den Hintergründen des Festivals und wünschten allen noch viel Spaß beim letzten Konzert – nicht ohne anzukündigen, dass sie auch fürs nächste Jahr ein Pool of Darkness Festival 5.0 planen würden.

Frozen Plasma Um kurz nach Mitternacht wurde es endlich Zeit für die Headliner Frozen Plasma. Die Synthpop-Band von Sänger Felix Marc und Keyboarder Vasi Vallis lässt seit 2005 die Herzen (vor allem die der Mädels) höher schlagen. Die beiden legten auf der eingenebelten Bühne sofort los mit "Age After Age" und "Foolish Dreams" vom letzten Album "Dekadenz". Nach dem Klassiker "Earthling" wurde es Zeit für eine schon im Vorfeld von Vasi angekündigte Überraschung: Felix Marc konnte in diesem Rahmen einige seiner Solo-Stücke vortragen. Seine Fans warten seit Jahren auf solch eine Gelegenheit und es war ein Vorgeschmack auf das, was kommen würde, gäbe es endlich ein vollständiges Konzert des sympathischen Sängers mit allen Hits aus seiner Solo-Karriere. So war es leider auf drei seiner Songs vom neuen Album, das erst vor einem Monat veröffentlicht wurde, beschränkt ("Hysteria", "Iceland", "Miracles"). Aber man war ja mit Frozen Plasma hier und darum sollte es auch hauptsächlich gehen. Es gab Hits wie "Warmongers", "Irony" und "Crazy", und selbstverständlich ihr wohl bekanntestes Stück "Tanz die Revolution" zu hören. Obwohl der Himmel sternenklar (und die Nacht kalt) war, war zu "Stare At The Moon" leider der echte Mond nicht am Himmel zu sehen; dafür konnte der Mann am Lichtpult nachhelfen. Das Publikum feierte begeistert und tanzte sich warm, teilweise übermütig auf den Boxen direkt vor der Bühne. Die Band nahm es gelassen, ebenso wie die im Vorfeld angekündigten fliegenden "Schlüpper" – in teilweise kuriosen Größen und Farben. Felix kommentierte es mit "jetzt habe ich aber genug zum Anziehen" und zog sich nach kurzer Überlegung tatsächlich ein geblümtes Höschen über – "Ihr habt es so gewollt". Gegen halb zwei in der Nacht ging aber auch dieses grandiose Konzert zu Ende, mit dem finalen Song "Murderous Trap", den die Fans sehnlichst erwartet hatten.

Wer jetzt immer noch nicht genug hatte, konnte bei der folgenden Aftershow-Party weiter feiern.

Als Fazit bleibt nur zu sagen: Es war ein wunderschönes, gemütliches Festival in einzigartiger Atmosphäre.

Autor: Luscinia
Photos: Copyright by Marcel Kahner

Next Post

Eisbrecher erstes Nummer 1 Album

Unsere Freunde von Eisbrecher haben es geschafft. Mit ihrem neuen Album Sturmfahrt sind sie in einem Rutsch von 0 auf die 1 in den deutschen Album Charts. Wir gratulieren der Band und dem Team und wünschen ihnen natürlich auch weiter hin viel Erfolg, Plus Alben die durch die Decke gehen. […]