Interview mit dem Graf am 04.03.2004 in Nürnberg/Hirsch
(Nach einer knappen Stunde Autofahrt Richtung Nürnberg war es erreicht eine Stunde vor Beginn des Konzertes im Hirsch gewährte uns der Graf eine Audienz bei welcher er uns Rede und Antwort stand) VS : Wie man aus dem Intro entnehmen kann, begrüßt du deine Hörer mit dem Satz: „Willkommen in meinem Leben", was ja eigentlich schon aussagt, dass das neue Album sehr persönlich ist. Graf: Als die Songs fertig waren hab ich dann gemerkt, dass die einzelne Thematik der Songs immer auf etwas gründet, was ich in der Vergangenheit erlebt habe und hab dann gedacht, graben wir noch mal etwas tiefer um zu schauen, was noch alles zum Vorschein kommt. Und dann war das als wäre ne Tür aufgestoßen worden und es waren da eine Menge Ideen, Melodien und Gefühle die ich wieder entdeckt habe. Und so kam mir dann diese Idee. Wenn man stirbt kann man den Film des Lebens an sich vorüber ziehen sehen und so ist „Zelluloid" auch aufgebaut als eine Art Rückblick wie der Film den man sieht, wenn man stirbt. Für mich war das ganz gut bestimmte Dinge noch mal hervorzuholen und noch mal zu verarbeiten. Der Zuhörer hat quasi die Möglichkeit, wenn er die Musik hört bestimmte Erlebnisse und Ereignisse zu erkennen wie ich sie gehabt habe. Allerdings soll er sich da auch wieder drin erkennen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass viele Menschen, obwohl man sich noch nie gesehen hat, bestimmte Dinge gleich erlebt haben und es scheint auch zu funktionieren. Also die Reaktion gerade während der Tour, wenn man sich mit den Fans unterhält, was ich auch nach den Konzerten immer mache, die erkennen sich wirklich darin wieder die können das aufnehmen und die sagen ja du hast recht dieses Gefühl hab ich auch gehabt oder ich hab das genauso erlebt. Und der Titel Zelluloid ist im Grunde entstanden, weil aus dem Material Zelluloid, das erste Filmmaterial entstanden ist, ja und das ganze Album ist auch wie ein Film aufgebaut mit der Filmrolle am Anfang und es hört damit dann ja auch auf. VS : Wo ist bei dir jetzt die Grenze wo du sagst, das sind Dinge aus meiner Vergangenheit die würde ich nicht ansprechen? Graf: Ich denke, das kann man selber entscheiden wenn man es probiert hat, die Möglichkeit hast du als Künstler, du machst den Song, und danach denkst du ist das zu weit? Kannst du das machen? Das musst du halt immer selber entscheiden. Die Grenze ist bei mir, ich würde nie einen Namen nennen wenn es von einer Person handelt, derjenige für den es bestimmt ist wird sich darin wiedererkennen, aber es ist ja immer nur eine Art Beispiel in dem Moment. Ich denke man kann selber entscheiden als Künstler wie weit man gehen kann, das ist ne Bauch- bzw. Gefühlssache. Wenn die Grenze zu weit ist denke ich würde ich das wissen. (Bis hier hin hielten wir uns noch im Hauptraum des Hirsches auf den wir allerdings nun aufgrund zu lauter Musik Richtung Backstage verließen. VS : Was mir aufgefallen ist, das das neue Album ne krasse Änderung ist zum Alten, vom kompletten Sound her, wo sich der Stil auch ein bisschen geändert hat. So sind von den Themen her sind nicht mehr extrem Themen wie Religion und Mythen vertreten, wie das auf den vergangenen Alben eher war. Ist es jetzt ein Punkt erreicht wo du sagst das ist jetzt soweit ausgereift und abgearbeitet das Ganze, oder dürfen wir auf folgenden Alben wieder verstärkt mit diesen Themen rechnen? Graf : Auf jeden Fall, das ist eine Sache die ich nicht plane, ich mach einfach Songs. Bei dem Album war es so, dass ich es ganz alleine gemacht habe alles produziert, eingesungen und eingespielt. Vorher waren immer Produzenten und andere Musiker dabei. Die versuchen natürlich auch nen gewissen Stil von sich selber da mit einzubringen. Bei dem Album konnte ich die Grundidee von Anfang an verfolgen ohne irgendwelche Einflüsse von außen. Das Endergebnis war dann so wie ich es mir gewünscht habe. Vom Stil hat sich klar auch was geändert, aber ich sehe das als weitere Entwicklung sonst würde es ja langweilig werden, sonst kann man ja ein Album anhören und dann kennst se alle. Ich bin immer noch auf der Suche nach nem gewissen Sound oder nach nem Song wo ich sage das ist der Beste den ich bis jetzt jemals geschrieben hab. Ich hoffe das es bis dahin noch weit hin ist und das man immer noch bestimmte Sachen weiterhin ausprobieren kann. Also wenn der Punkt gekommen ist wo man sagt man hat nen Song geschrieben den man nicht mehr Toppen kann, sollte man aufhören. VS : Ob die Grenze wohl jemals erreicht wird ? Graf: Ja klar aber du kannst die Grenze ja auch nur erreichen wenn du es versuchst. Ich hab immer so ne Art Bild vor Augen wenn ich mal ganz alt bin und auf der Terrasse sitze im Schaukelstuhl und zurückblicke, will ich sagen können „ich hab’s probiert" . Ich will mir nie die Frage stellen, hätte man das doch probieren sollen oder was wäre wenn ich das doch probiert hätte, das ist so eine Art Grundgedanke den ich immer hab und ich probier das immer aus. Ob es gut oder schlecht ist weiß man eigentlich erst wenn Monate vergangen sind. VS : Also hast du jetzt auch ein Label erwischt welches dich walten und schalten lässt wie du möchtest? Graf: Ja klar. Das ist auch ne Grundvoraussetzung sonst würde ich es nicht machen. VS : Da sind wir jetzt bei der momentanen Entwicklung der Szene die meines Erachtens immer mehr Richtung Meanstream geht. Was hältst du davon das alles immer in Anführungsstrichen „Kommerzieller" wird, wie Graf: Ich denk nicht das der untergeht. Dieses Thema ist immer da, bei z.B. „Oomp!!!" war es so das sie 15 Jahre dafür gebraucht haben um das jetzt zu schaffen. Die Gefahr besteht natürlich darin was sie jetzt so machen, das ist die Frage. Ob sie sich immer noch dazu bekennen oder ob sie sich abkapseln, sie sollten nie vergessen wo sie herkommen. Erfolg wird immer gleichgesetzt mit kommerziell, das ist quatsch, es gibt ja nun mehr Leute die die Musik jetzt gut finden, oder der Bekanntheitsgrad einer Band ist gestiegen und dadurch verkaufen sie soviel Platten das sie auf Platz 1 sind. Du hast immer ne gewisse Entwicklung zu kommerziellen Erfolgen. Wolfsheim z.B. auch, trotz alledem kommen sie aus der Szene und ich finde auch das gerade auf solche Bands wie z.B. „Oomph!!!" man stolz sein kann. Das mal endlich jemand diese ganzen Pappnasen aus den Top 10 rauskickt die da wirklich nichts drin zu suchen haben. Weil das sagt endlich mal das ne Musik die auch Qualität hat endlich mal Honorierung erfährt. Da sollte man nicht sagen das ist schlecht, weil sie im Fernsehen sind oder kommerziellen Erfolg haben, sondern da sollte man sagen ja Leute so geht’s auch, weil das ist’n Aufbauthema und das hat bei „Oomph!!!" z.B. 15 Jahre gedauert. Da sollte man einfach sagen das ist gut, weil gerade dieser Erfolg auch die Szene und den Underground antreibt. Dann kommen wieder neue Musiker hinzu die sagen schau mal des geht ja doch, man kann ja doch nen großen Erfolg haben. Das ist so ne art Dominostein der endlich mal wieder gefallen ist. Damals bei der Flut (von Joachim Witt) war es ja genauso. So hat sich das alles zum positiven entwickelt für die Szene. VS : Wir haben bei uns im Forum erst eine Diskussion gehabt und bei vielen haben wir festgestellt, dass die Befürchtung besteht, das die Szene durch 08/15 Durchschnittssachen zu einem „Ausverkauf" wird, dass man versucht mit viel „Müll" möglichst viel und schnell Kapital aus der Musikrichtung zu schlagen, was viel zerstören kann. Graf: Ich glaube, dass das nicht passieren wird, weil eben durch diese Gedanken die man sich macht, dass man es nicht einfach akzeptiert, sondern das man den Hintergedanken hat oh Gott was passiert denn jetzt? Ne Entwicklung immer da ist. Aber ich glaube nicht, dass es so weit kommt, dass es irgendwann jetzt mal „Gothic sucht den Superstar" gibt! Weil die Leute aus der Szene es nicht annehmen würden. Ich bin davon überzeugt, dass der ganze Erfolg den jetzt z. B. Oomph!! haben aus der Szene gekommen ist. Der ist nicht entstanden weil irgendwelche 14jährigen in ihren bunten Klamotten, die noch nie was mit der Szene zu tun hatten sich diese Platte gekauft habe, sondern es stimmt und das Ganze ist rund und die Zeit ist richtig dafür. Die 14jährigen werden die nächste Platte nicht mehr kaufen wenn se das nicht mehr cool finden, aber die Szene wird trotzdem dahinterstehen wenn die Musik gut bleibt. Du hörst ja auch ob die Musik gut oder schlecht ist, wenn das jetzt so Kunststoff werden würde, würde die in der Szene komplett untergehen, weil die Szene kann sich ja immer noch selber kontrollieren. So Machtschemen von großen Plattenfirmen die brechen ja eh alle zusammen. Im Endeffekt wird es so sein, dass Labels die kleineren Bands unterstützen und auch kleiner fahren, die werden den Erfolg jetzt bekommen, bei den großen Plattenfirmen ist der Zug schon lange abgefahren. VS : Damit sind wir bei einer unserer Standartfragen angekommen. Graf: Es geht ja jetzt da auch lediglich um die Kopie die sich jeder vom Gesetz her selber machen darf. Das hat ja überhaupt nichts damit zu tun das man sich die CD 10mal brennt und sie sich daher nicht kauft. Der von „ASP" hat das mit der Kopiererei mal auf den Punkt gebracht bei einem Statement: „Die großen Plattenfirmen sind ja selber schuld, weil sie den ganzen Scheiß produzieren, da brauchen sie sich nicht wundern, wenn die Leute das nicht kaufen." Ich bin überzeugt, wenn man gute Musik macht sind die Leute auch bereit dafür Geld auszugeben! Ich muss aber auch ganz klar sagen, wer ne CD brennt anstelle sie sich zu kaufen, das ist genauso wie wenn du in den Laden gehst und stiehlst sie dir. Derjenige der darunter leidet ist natürlich der Künstler. Der Vorteil ist allerdings die Möglichkeit überall bekannt zu werden, weil das ja schnell geht, Internet und du bekommst sie mal gebrannt du kannst mal reinhören. Ich glaube der Grundgedanke ist immer noch wenn du gute Musik hörst möchtest du das Album haben mit Texten, Fotos usw., weil die Musik eben geil ist. Wer scheiß Musik macht muss sich auch nicht wundern, wenn die scheiß Musik dann auch gebrannt wird. VS : Ich kenne jetzt viele, die sich CDs nicht leisten können da sie lieber mal auf ein Konzert fahren und sich das dann live anhören wobei ja im Endeffekt die Band auch unterstützt wird . Graf: Ja klar das ist auch gut. Ich muss auch dazusagen das die Preise der CDs ja auch wahnsinnig sind. Der Künstler bekommt eh das Wenigste, das ist ja nur ein ganz geringer Prozentsatz. VS : Wie würdest du jetzt deine eigene Musik beschreiben ? Graf : Es ist extrem schwer seine eigene Musik zu beschreiben. Da würde ich jetzt im Prinzip das machen was ich eigentlich hasse, nämlich Schubladen aufmachen in die ich’s rein tue. Ich kann es gar nicht beschreiben, ich mach die Musik weil se mir gefällt, ich denke nicht in irgendwelchen Schemen, ich mache das was ich fühle, was ich gerade tue. Da muss immer irgendwas drin sein was den Zuhörer findet. Wenn du anfängst selber Schubladen aufzumachen dann hast du von vornherein ein Schema wo du weiterhin drin arbeitest und dieses Schema will ich mir nie aufbauen, weil ich einfach mach wozu ich Lust dazu habe und nicht das was mir andere Leute sagen. VS : Woher nimmst du deine Inspiration ? Graf: Das ist bei mir immer gleich, wann das kommt ist immer verschieden, aber dieser ganze Ablauf ist bei Zelluloid wie bei den Vorgängeralben, weil die Grundidee ja irgendwo herkommen muss. Bei mir ist das so, ich hab immer Musik und Melodien im Kopf. Das muss man sich vorstellen wie eine Platte die sich immer wiederholt. Wenn ich denke höre in jeder Situation immer Musik im Kopf und diese Melodie verändert sich dann durch irgendwelche Ereignisse. Irgendwann hab ich den Song im Kopf wie ich ihn auch haben will. Dann geh ich ins Studio und spiele nach was ich mir vorher schon im Kopf zusammen gesetzt habe. |
||||
|
||||
VS : Was fühlst du eigentlich wenn du auf der Bühne stehst?
Graf: Es ist einfach nur geil. Sobald ich den Applaus bekomme ist alles okay. Ich bin vorher immer höllisch nervös. Wenn ich auf der Bühne bin weiß ich auch gar nicht so genau was ich da oben so mache. Das kommt so aus dem Bauch raus, es gibt kein Schema nach dem ich arbeite. Ich will das dem Publikum rüber bringen. Ich könnte nie auf der Bühne stehen und einfach nur singen. Ich muss da auch Zuckungen und Bewegungen machen es muss abgehen, ansonsten würde das nicht gehen und es wäre zu langweilig. Was ich da genau mache erfahre ich eigentlich auch immer erst später, wenn das einer mal aufgezeichnet hat oder mir erklärt. Das ist auch immer unterschiedlich ich mach bestimmte Dinge mal früher mal später VS : Ich nehme mal das du ja auch Musik in deiner Freizeit hörst welche Gruppen wären da jetzt deine Favoriten ? Graf: Eigentlich ziemlich viele. Ich lass mich immer ziemlich schnell beeinflussen, diese Melodie im Kopf ändert sich auch wenn ich andere Musik höre. Ich versuche möglichst wenig von außen mitzubekommen, weil wenn ein Song gut ist den ich höre, hab ich ihn die ganze Zeit im Kopf und wenn ich dann schreiben müsste dann würde ich ne Kopie machen. Musik von anderen Künstlern höre ich immer nur ganz leise im Hintergrund wie ne Untermalung so ähnlich wie im Fahrstuhl. VS : Wie bist du eigentlich zu bzw. in die Szene gekommen, bist du damit aufgewachsen, wie viele in den 80gern mit DM: ,Kraftwerk, The Cure etc.? Graf: Ja klar du kommst da irgendwie so rein genau wie du es da jetzt so sagst. Wenn man das dann auch schon aus der Schulzeit kennt, erkennt man auch wie sich das entwickelt. Ich bin da auch so reingekommen, du ziehst gern schwarz an dann findest es cool dann hörste die Musik und dann findest du die Bands auch irgendwann gut. Ich bin froh das die Szene immer noch größer wird und das sehe ich als sehr positiv an. VS : Gibt es jetzt irgend ne Gruppe oder nen Künstler wo du sagst mit denen würde ich jetzt gern mal nen Song machen? Graf: Ja da gibt’s viel, ne Frau wäre mal nicht schlecht, das würde auch gut zu den Songs passen. Allein schon wegen der Stimmlage. Bei nem Mann hat man immer das Problem, da wird man dann mit Witt und Heppner verglichen. Peter Heppner find ich super, würde ich gerne machen, aber da ist noch etwas Zeit hin. Ansonsten find ich die Sängerin von Mila Mar super. VS : Was würdest du machen wenn es mit der Musik nicht mehr weitergehen würde oder du nie zur Musik gekommen wärst ? Graf: Bei mir war die Frage damals, soll ich etwas mit Zeichnen oder mit Musik machen. Ich hab mich eigentlich mit Zeichnen und Musik durch die Schule gemogelt. Das konnte man damals noch als Hauptfach wählen und man konnte diese als Kontrast zu diesen extrem ätzenden Fächern wie z.B. Mathematik wählen. Wenn es mit der Musik nichts geworden wäre, wäre ich wahrscheinlich Zeichner oder Maler geworden. VS : Was hältst du von diesen ganzen 12-18jährigen, die durch diesen aktuellen Boom jetzt in die Szene gerutscht sind und nicht wirklich ne Ahnung haben? Graf: Ist doch schöner Nachwuchs. Ich finds nicht schlimm. Die 12-18jährigen gab’s aber auch vorher schon. Das liegt wahrscheinlich auch an dem Erfolg mit Platz 1 jetzt (Anmerkung der Red. Es geht um „Oomph!!!" ) Aber du hast es ja auch immer noch selber in der Hand. Ich habe manchmal so das Gefühl, dass die Menschen zuviel Angst haben, man kann das alles nicht mit einer anderen Stilrichtung vergleichen. Man kann es immer noch selber steuern. Wenn man ne Platte kauft unterstützt man die Leute, kauft man sie nicht versinken die irgendwann auch wieder im Sumpf . Man kann die Szene auch nur am Leben halten, wenn man jemand hat, der da immer wieder reinrutscht. Am Anfang mögen sie nicht soviel Ahnung haben, oder gar nicht wissen was das genau ist, aber dann lernen sie was es ist. VS : Die Szene besteht ja nicht nur aus der Musik, sondern ist für viele auch ne Lebenseinstellung, entweder man versteht sie und kommt rein oder man läuft nur mit. Graf: Aber die Mitläufer gibt’s überall. Das ist ja auch ein Punkt der Szene das es eine Lebenseinstellung ist den „Normalos" das näher zu bringen. Es gibt ja immer noch genügend Vorurteile. Wenn einer ein schwarzes T-Shirt im Schrank hat und er hat jemand umgebracht dann heißt es gleich, der ist Satanist. Das hat mit der Szene überhaupt nix zu tun. Aber trotz alledem sind diese Vorurteile ja da und die kannste nur aus dem Weg räumen, wenn du es den „normalen" Menschen zeigst. Bei Zelluloid bzw. "hört mein Wort" ist es ja so, der Song handelt ja davon denen zu sagen wer wir überhaupt sind, warum wir diese Lebenseinstellung haben. Das kann man denen nur erklären wenn man ihnen das näher bringt. Man kann die Türen nicht zu machen für junge Menschen, die da gerade reinrutschen, ich bin auch irgendwann mal reingerutscht. Die Angst besteht immer, dass es so wird wie bei irgendwelchen Superstars. Es ist auch mein Ziel, dass man mal erklärt was das überhaupt ist. Es gibt nirgendwo ne angenehmere Lebenseinstellung als in der Szene, es läuft wesentlich entspannter ab als in anderen Richtungen. Ich hab noch keine Schlägerei erlebt. Da ist alles cool, alles ruhig, da ist ein Respekt den man da hat. Da kann man stolz drauf sein und das können auch andere erfahren. Dann hören diese ganzen Vorurteile mal auf. VS : Wo wir gerade bei dem Thema Vorurteile sind, wie stehst du zu Satanismus, was ja auch ein großes Vorurteil der Szene gegenüber ist? Graf: Jeder sollte seine Religion haben, solange er niemand schadet. Ich halte für mich persönlich überhaupt nichts davon. Ich weiß auch gar nicht worum es da genau geht. Bei Satanismus sehe ich immer, dass der Teufel angebetet wird und diese ganzen rituellen Sachen die da im Hintergrund ablaufen kenn ich überhaupt nicht. Wenn jemand drauf steht soll er es machen aber die Grenze ist immer da wenn du Irgendjemand oder Irgendetwas damit schadest. Das ist dann zu weit. Ich will auch überhaupt nicht darüber urteilen über etwas das ich nicht kenne, das ist bei mir auch bei jeder anderen Religion so, den für viele scheint das ja eine Religion zu sein. VS : Was würdest du, wenn du die Möglichkeit hättest, an Graf : Eine perfekte Welt ? Wenn ich die selber machen müsste wäre ich völlig überfordert. VS : Was ist dein persönliches Lebensziel ? Graf: Mein Lebensziel ist, dass ich immer sagen kann ich hab alles probiert. Ich will mir nie die Frage stellen müssen was wäre wenn ich dies oder das nicht gemacht hätte. Ich halte nix von Leuten die den ganzen Tag am jammern sind, ach Gott wie schlecht ist alles. Im Endeffekt müssten sie meistens nur einen kleinen Schritt machen um das was sie stört zu ändern. Es ist nicht immer einfach, es ist auch schwer. Der steinige Weg ist meistens auch der Richtige. Du hast eigentlich alles selber in der Hand und wenn du untergehst, weil du sagst der Weg ist zu lang und zu weit, das ist quatsch. Ich kenn so viele, die sind immer nur am jammern. Die sind nicht in der Lage sich selber am Riemen zu reißen und zu sagen ich mach das jetzt und wenn ich auf die Nase falle bin ich weiter als wenn ich immer nur darüber nachdenke. Nachher weißt du ob es gut war oder nicht. Bei mir war auch irgendwann die Entscheidung ich möchte jetzt gerne versuchen mit der Musik auf die Beine zu kommen. Wenn ich das nicht gemacht hätte würde ich mich im Alter fragen: „Was wäre passiert wenn ich es getan hätte ?" Denn du springst ja auch ins kalte Wasser wenn du willst. Du lässt ja deine kompletten finanziellen Sicherheiten hinter dir. Du weißt ja auch nicht, ob die Leute die Musik annehmen. Jeder Künstler macht das so, es gibt keinen der von Anfang an weiß, dass er Erfolg hat oder das er berühmt wird . Jeder Künstler oder Mensch der z.B. den Beruf wechselt geht ein Risiko ein. Probieren und danach sagen war gut oder schlecht und dann bist du um eine Erfahrung reicher. VS : Wie siehst du die Entwicklung von „bösen" Unheilig zum vielschichtigen heutigen Unheilig? Graf: Das ist ne ganz normale Entwicklung. Du lernst ja nie aus. Am Anfang siehst du nur schwarz weiß und du willst auf der sicheren Seite sein. Wie gesagt, das hängt mit den Leuten im Hintergrund zusammen, wenn die dir nicht die Freiheit geben dich frei zu entfalten und die Produzenten und Plattenfirmen nur versuchen einzuschränken. Die Leute interessiert eh nur die Verkaufszahl das hat mir der Musik nichts mehr zu tun. Aber wenn es so wie bei mir ist, dass man die Freiheit hat, dann kann dadurch auch etwas entstehen. Das war mir auch ganz wichtig, das dass bei dem Album endlich mal rüberkommt, dass es eben auch vielschichtige Musik ist. Und nicht nur diese eine Schiene die ist auch weiterhin da aber es gibt eben auch noch andere. Das Problem ist nur das du dann polarisierst und dadurch sofort angreifbar wirst. Dem war ich mir bewusst, aber nach dem „Frohen Fest" weiß ich das man auf Rezessionen oder Plattenkritiken gar nicht soviel geben sollte. Weil derjenige, der entscheidet ob es gut ist oder nicht ist der Fan, denn der gibt sein Geld dafür aus. Die die Rezessionen schreiben, bekommen die Platten ja meistens geschenkt, sie haben die ganze Woche soviel zu tun und hören nicht so richtig rein, hören sich irgendwelche Sätze raus, die mit dem Song nicht mehr soviel zu tun haben. Das ist eigentlich ein falscher Spiegel, ein PR-Spiegel, alles was Quote bringt, wird gelobt. VS : Bei der Schutzengel EP ist ja mit Zinnsoldat ein ziemlich guter Song dabei, wie kommt es das du dir so einen Song nicht für ein Album aufsparst? Graf: Das ist so dieses sparsame denken. Ich muss noch ein paar Platten rausbringen; dass ich noch mehr verkaufen kann. „Zinnsoldat" ist entstanden nachdem das „2. Gebot" fertig war. Ich versuche immer alle Songs auf eine Platte zu tun die zu dem Zeitpunkt da sind. Wenn ich einen zurückhalten würde wäre für mich das Album nicht fertig. Dieser Song würde mir dann wenn ich’s mir selber anhöre oder wo auftrete und das Album vorstelle fehlen. Ich will die drauf haben, warum auch nicht. Wenn mir irgendwann nichts mehr einfällt gibt’s halt ne Zeitlang kein Album mehr. Und wenn mir dann wieder was einfällt gibt’s dann wieder was Neues. Auch ne Single oder ne EP sollte für jemand immer noch interessant sein sie zu kaufen. Was bringt dir das wenn du 6 Remixe von einem Song auf ner EP hast das mag interessant sein aber im Grunde genommen mag der Fan neue Songs hören und nicht einen Song der 10mal durch die Maschine gedreht worden ist in verschiedene Richtungen. Da ist auch wichtig, dass das auch drauf ist aber nicht nur, das Verhältnis muss stimmen. Ich sag immer du musst genauso viele neue Songs drauf haben wie Remixe, das muss sich immer die Waage halten, denn dann ist es erst interessant. VS: Nun kommen wir noch zu einer unserer sogenannten Blödelfragen. Graf : Ein Tier ? Oh Gott! Oh Gott! Ein Tier? Fällt mir nix zu ein echt weiß ich nicht. Ich fühl mich nicht so als Tier. Könnte alles sein Pferd, Wolf, Schaf, Bär. Ich hoffe ich werde nie als Tier auf die Welt kommen. (Leider waren wir dort auch schon am Ende unserer Fragen, ich sollte vielleicht erwähnen das für das interview 20-30min geplannt waren aus diesem Grund enoch mal ein großes Danke den den Grafen für die vielen Antworten und die uns geliehene Zeit) |
||||
„